Daher gibt es keine kollektive Sprache, vielmehr
spricht jeder Mensch eigentlich seine eigene. Doch wir teilen Wörter und Redewendungen miteinander, die eine Gemeinschaft verbinden. In der Performance «zur Sprache kommen» gibt ein Obwaldner die Äusserungen von Stefanie Brottrager in seinem Lungerer Dialekt wieder. Dies zeigt nicht nur die gedankliche Leistung beim Übersetzen von einer Sprache in die andere, sondern gibt einen Einblick in das verbindende Element der Sprache, das trotz aller Kommunikationsprobleme stets im Gespräch vorhanden bleibt. Der Pulverturm im Seefeld mit seiner Bestimmung zur Aufbewahrung von Sprengkraft leiht dieser Performance seine explosive Kraft. Wie Schiesspulver ist Sprache in lyrischer Form eine verdichtete, destillierte, hochprozentige, gefährliche oder geladene Substanz. Der Pulverturm symbolisiert die einstige Wehrbereitschaft des Kantons. Viel zu gefährlich war das Pulver, um es im Stadtzentrum zu lagern. Das Destillat aus den sprachlichen Informationen, welches die Künstlerin aus Gesprächen mit Einheimischen und der Übersetzung alter, geheimer «Älplersprich » zusammenbraut, findet daher im Pulverturm sein ideales Gefäss. Als objekthaftes verbindendes Element hat die Künstlerin den Trichter gefunden. Die gebürtige Steirerin verwendet zur Verstärkung ihrer Stimme einen Trichter, der dem Grazer Sprachrohr aus
dem 19. Jahrhundert nachempfunden ist. Durch diesen Trichter wurden die Feuerwache-Durchsagen in Graz vom Schlossberg aus in die Stadt gerufen. In Obwalden wiederum rufen die Älpler den Alpsegen mit Hilfe von Milchtrichtern übers Land. Diese immer noch gelebte Tradition wird in der Performance mit einem objekthaften Gegenüber – dem Grazer Sprachrohr – und einem menschlichen Gegenüber neu zur gegenseitigen Verständigung eingesetzt.